Die Wahl
Schwer bewaffnet, spät am Abend,
Sieht man paarweis Männer trabend,
Schleppen Hammer, Nägel, Kleister,
Unterm Arm, vom großen Meister,
Frisch gedruckte, große Bilder,
Sozusagen Hinweisschilder.
Und an Plätzen, die noch frei
Hängen sie das Konterfei,
Dessen, der als Kandidat,
Möglichst zu gewinnen hat.

Lächelnd süß, den Mund geschlossen,
Klarer Ausdruck, unverdrossen.
Jeder Bürger sieht sofort:
Dieser Mann, der hält sein Wort.

Doch so einfach wie erzählt
Ist es nicht für den, der wählt.
Kandidaten gibt es viele,
Alle mit dem gleichen Ziele:
Friede, Freude, Eierkuchen.
Ja, da heißt es wählen, suchen.

Leute, die man jahrelang
Nie gesehen, spür'n den Drang
Endlich einmal aufzutreten,
Und sie grüßen und sie reden.
Zeigen was sie alles wissen.
Wie konnt' man die nur vermissen?
Mengenweise Wahlbroschüren
In Briefkästen, unter Türen.
Jeder lobt sich und verspricht,
Was man will oder auch nicht.

Klar gibt es auch Demokraten,
Die dem Gegner eins verbraten.
Doch oft geht der Schuss nach hinten,
was sehr viele lustig finden.
Endlich war es dann soweit,
Dass gewählt, es wurde Zeit.
Würdevoll und sehr diskret
Jeder zu der Urne geht.
Niemand wird sich heut' bekennen,
Niemand wird die Namen nennen,
Die er kreuzt auf seiner Liste.
Diskretion - ab in die Kiste.

Nach der Wahl, dann beim Zählen,
Sieht man einige sich quälen.
Manch Gesicht wird fahl und weiß.
Klar, im Saal ist's drückend heiß.
Wassertröpfchen auf der Stirne
Lassen ahnen wie Gehirne
Stimmen ständig aufaddieren
Und Exempel durchstudieren.
Dielenknarren macht nervös.
Ach wie ist der Wähler bös.
Mancher greift sich an die Stelle,
Wo einst eine Dauerwelle
Zierte das betrübte Haupt,
Die Bemerkung sei erlaubt.

Wie heißt es seit alter Zeit:
Des einen Freud, des and'ren Leid.

Jenen, die die Wahl gewonnen
Fallen Lasten schwer wie Tonnen
Vom Gemüte, von den Herzen,
Können endlich wieder scherzen.

Freibier gibt's in allen Kneipen,
So dass viele länger bleiben.
Mancher spült den Ärger 'runter,
Doch die meisten sind recht munter.
Wissen, dass sie recht gewählt,
Dies ist, was am Ende zählt.

C.F.

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